Vierter Band der Reihe "Braunschweigisches Kunsthandwerk"
Braunschweig gehörte im 17. und 18. Jahrhundert zu den großen Möbelzentren Deutschlands. Die sogenannten Braunschweiger Möbel mussten dank ihrer hohen Qualität und ihrer sichtbaren Eigenständigkeit keinen Vergleich mit den Tischlerarbeiten aus Mainz, Dresden oder Frankfurt scheuen. Die jetzt von Kunsthistorikerin Andrea Schneider vorgelegte Publikation „Braunschweiger Möbel des 18. Jahrhunderts“ unterstreicht diese Aussage. Sie stellt die besonderen stilistischen Merkmale der Braunschweiger Möbel heraus und liefert einen breiten Überblick über die verschiedenen Möbeltypen, insbesondere furnierter Möbel.
Herausragendes Handwerk
Das Werk erscheint als vierter Band in der Reihe „Braunschweigisches Kunsthandwerk“. Ausgangspunkt der Buchreihe war ein von der Richard Borek Stiftung mit dem ehemaligen Direktor des Städtischen Museums Braunschweig, Dr. Gerd Spies vor 25 Jahren entwickeltes, aber letztlich nicht umgesetztes Museumskonzept, das die Bedeutung des ehemaligen Herzogtums Braunschweig als Standort für herausragendes Kunsthandwerk im 17. und 18. Jahrhundert verdeutlichen sollte. Die Publikationen greifen dieses Vorhaben auf.
Bisher erschienen sind neben dem vorliegenden Buch „Stobwasser. Lackkunst aus Braunschweig & Berlin“ (2 Bände, 2005), „Braunschweigische Münzen und Medaillen. 1.000 Jahre Münzkunst und Geschichte in Stadt und Land Braunschweig“ (2010) sowie „Die Porzellanmanufaktur Fürstenberg. Eine Kulturgeschichte im Spiegel des Fürstenberger Porzellans“ (3 Bände im Schuber, 2016). Für die Herausgabe der Kunstbände gewann die Richard Borek Stiftung die Braunschweigische Stiftung und später die Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz.
Appell an Museen!
Der Band „Braunschweiger Möbel des 18. Jahrhunderts“ führt die Objekte, die heute in Museen und Privatbesitz selbst über die Grenzen Deutschlands hinaus verstreut sind, für Braunschweig wieder zusammen. Mit ihm richten die Herausgeber zugleich einen Appell an die Museumslandschaft, den Blick stärker auf die Möbelkunst zu richten und diese nicht nur zu sammeln und in Depots aufzubewahren, sondern auch auszustellen.
Die Braunschweiger Möbel bestechen über ihre reine Funktion hinaus durch ihre künstlerische Gestaltung sowie ihre technische und ästhetische Ausarbeitung. Auftraggeber der Möbelkunst waren seinerzeit neben dem Hof insbesondere der Adel und das Großbürgertum. Dennoch spielten Möbel in der kunsthistorischen Forschung eine untergeordnete Rolle. So gab es bislang keine zusammenfassende Darstellung der Braunschweiger Möbelproduktion, die als Standard- und Nachschlagewerk genutzt werden kann.
In dem Buch werden detaillierte Informationen zur Braunschweiger Tischlergilde, dem Vertrieb der Waren und den erhaltenen Meisterrissen gegeben. Der Schwerpunkt liegt jedoch auf dem sorgfältig ausgearbeiteten Katalogteil mit seinen zahlreichen Abbildungen. Die einzelnen Objekte werden hinsichtlich des Materials, der kunsthandwerklichen Techniken, der Ornamentik und Provenienz präzise beschrieben, datiert und stilistisch eingeordnet.
Versteigert in New York
Viele beschriebene Objekte, darunter Kleiderschränke, Schreibmöbel, Vitrinen, Kommoden, Truhen, Stühle, Tische und Sessel, befinden sich in Privatbesitz. Ein Großteil zählt jedoch zu den Sammlungen des Städtischen Museums Braunschweig, des Braunschweigischen Landesmuseums, des Herzog Anton Ulrich-Museums und des Schloss Museums Wolfenbüttel. Weitere finden sich in überregionalen Museen, etwa in Düsseldorf, Frankfurt/Main, Hamburg, Bonn oder Nürnberg. Einige Objekte sind zudem im Ausland zu finden. Sogar bei Sotheby’s New York wurde ein Möbelstück versteigert.
Die vorliegende Untersuchung der Kunsthistorikerin Andrea Schneider wurde an der philosophischen Fakultät der Universität Mainz als Dissertation im Fach Kunstgeschichte angenommen. Die Autorin absolvierte von 1993 bis 1996 eine Tischlerlehre und arbeitete im Anschluss in der Restaurierung. Von 1998 bis 2003 studierte sie an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz Kunstgeschichte, klassische Archäologie und Geographie.